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Das können Sprachdialogsysteme heute – und das wird die Zukunft bringen

smm___.jpgSollte man zu einem Sprachsystem eigentlich höflich sein?

Georg Theunissen: Das ist nicht notwendig. Wichtig ist vor allem, klar zu sagen, worum es geht und was man möchte. Also „Ich will einen Flug nach Mallorca buchen“ ist gut, aber „Ich will am nächsten Samstagmorgen einen Flug von Frankfurt nach Mallorca und am Sonntagabend den Rückflug buchen“ ist besser, weil das System ohne weitere Rückfragen gezielter Vorschläge unterbreiten kann.

Ob man noch „bitte“ hinzufügt oder nicht, ist für die Sache gleichgültig. Ausschweifende Höflichkeitsfloskeln wie „Wie geht’s?“ gilt es auf jeden Fall zu vermeiden, da sie den Computer nur ablenken und verwirren.

Warum hat es sogar Vorteile mit einem Sprachsystem zu sprechen und nicht mit einem Menschen aus Fleisch und Blut?

Theunissen: Viele Anrufer empfinden die Anonymität eines Sprachcomputers als angenehmer als ein Gespräch mit einem Menschen. Hinzu kommt, dass das Sprachsystem stets gleich kompetent ist, weil es auf alle relevanten Daten unmittelbar zugreifen kann.

Bei einem mit Menschen besetzten Call Center gibt es hingegen ein breiteres Spektrum an Erfahrungen. Man gerät möglicherweise an jemanden, der mangels Erfahrung nicht weiterhelfen kann, auch wenn der erfahrenere Kollege direkt daneben sitzt. Bei einem Sprachsystem hat man stets Zugriff auf die beste vorhandene Kompetenz.

Sollte ich einem Sprachsystem vertrauliche Informationen wie Finanzen oder medizinische Befunde weitergeben?

Theunissen: Ja, ohne weiteres – nachdem eine Sicherheitsabfrage durchgeführt wurde. Das kann eine PIN-Abfrage oder ein Kennwort sein oder natürlich – besonders sicher – eine Stimmauthentifizierung. Danach kann man dem Computer alles anvertrauen, was für die jeweilige Aufgabe erforderlich ist. Die Sicherheit ist um ein Vielfaches höher als wenn ein Mensch am anderen Ende der Leitung ist.

Wie funktioniert das mit der Stimmauthentifizierung?

Theunissen: Hierzu muss man sich einmal anhand seiner Stimme identifizieren und wird in allen kommenden Fällen allein durch die Stimme erkannt. Also beim ersten Mal geben Sie Ihren PIN-Code – oder wie auch immer Sie sich bisher ausgewiesen haben – ein und nehmen dann an der Stimmauthentifizierung teil, die weniger als eine Minute dauert.

Künftig erkennt Sie das System, sobald Sie anfangen zu reden. Wichtig dabei: Moderne Stimmauthentifizierungssysteme prüfen während des gesamten Telefonats fortlaufend die Stimme. Sobald ein anderer Sprecher auftritt, wird der Vorgang aus Sicherheitsgründen abgebrochen.

Wird es irgendwann in bestimmten Bereichen nur noch Sprachsysteme geben?

Theunissen: Auf jeden Fall. Schon 2020 werden die ersten Sprachdialogsysteme in Betrieb gehen, bei denen der Anrufer zumindest in einigen Fällen gar nicht mehr erkennt, dass er mit einem Computer spricht. 2025 dürfte dies bereits bei den meisten Anrufen der Fall sein. In all diesen Fällen ist der Sprachcomputer schneller, einfacher und natürlich auch kostengünstiger. Es gibt also keinen Grund, einen Menschen hierfür einzusetzen.

Wie haben sich die Sprachsysteme in den vergangenen Jahren weiterentwickelt?

Theunissen: Die größten Fortschritte waren auf zwei Gebieten zu verzeichnen: der Stimmerkennung und der Dialogführung. Diese beiden Faktoren werden auch für die künftige Entwicklung in den nächsten Jahren maßgeblich sein. Dazu kommt ein weiterer Faktor: Künstliche Intelligenz.

Je stärker die Systeme mit KI ausgestattet sind, desto einfacher ist es, Anfragen zu erkennen und besonders zielgerichtet darauf zu reagieren. Die Kombination aus immer besserer Stimmerkennung, Sprachausgabe und Dialogführung dank Künstlicher Intelligenz wird dazu führen, dass Sie künftig nur noch in Ausnahmefällen überhaupt merken, ob Sie mit einem Computer oder mit einem Menschen sprechen.

Wie viel Kosten kann sich ein Unternehmen mit dem Einsatz von Sprachsystemen einsparen?

Theunissen: Heutige Systeme kommen auf Kosteneinsparungen zwischen 30 und 50 Prozent, in einigen Fällen sogar bis zu 70 Prozent. Dieser Prozentsatz wird sich künftig immer weiter erhöhen, denn die technologische Entwicklung wird zu einer derartigen Perfektion führen, dass die Systeme einen immer größeren Teil der Anfragen selbst erledigen können, statt zu einem Menschen durchzustellen.

Nach Ihrer Erfahrung: Sprechen Kunden 2019 lieber mit Maschinen oder Menschen?

Theunissen: Da viele noch eher schlechte Erfahrungen mit altherbrachten Computersystemen haben, wie zum Beispiel „Sagen Sie 1 für Neuvertrag, 2 für Serviceanfrage“, ziehen die meisten einen Menschen als Ansprechpartner vor. Das gilt aber nur solange, bis sie einmal mit einem modernen Sprachdialogsystem kommuniziert haben.

Wer sich einmal an die neue Art von Sprachsystem gewöhnt hat, will es in der Regel nicht mehr missen: Der Kollege Computer hebt sofort ab, bleibt immer gleich freundlich und vor allem auch immer gleich kompetent und kann damit in beinahe allen Fällen viel schneller helfen als der Mensch.