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Spitch in the news: "You are connected to our speech robot"

Recent issue of the Neue Zürcher Zeitung gives an insight into the project realized by AdNovum and Spitch for the Road Traffic Office of the Canton of Zurich. Download PDF




Dieser Sprachroboter versteht sogar Walliserdeutsch

Gegen Ende des Jahres glühen die Leitungen des Zürcher Strassenverkehrsamts jeweils wegen Fragen zu Rechnungen heiss. Nun unterstützt ein Sprachroboter das überlastete Callcenter. 

Wer das Strassenverkehrsamt im Albisgütli betritt, könnte einen falschen Eindruck erhalten. Den Eindruck, dass hier die Zeit stehengeblieben ist. Schalter reiht sich an Schalter, Leute mit Nummernschildern gehen ein und aus, in der Ecke steht ein Kaffeeautomat. Alles wie seit Jahrzehnten schon.

Ausgerechnet hier erprobt der Kanton, wie die Verwaltung der Zukunft aussehen könnte. Das Strassenverkehrsamt ist ein Testgelände für die Digitalisierungsstrategie des Regierungsrats. Wer sich telefonisch auf dem Amt meldet, wird neu auf Wunsch von einem Voice-Bot begrüsst: «Sie sind verbunden mit unserem Sprachroboter», säuselt eine computerisierte Frauenstimme am anderen Ende.

Dann können die Anrufer ihr Anliegen deponieren. Sie müssen nicht wie bei einer herkömmlichen Hotline die 1, 2 oder 3 wählen, sondern können ihre Frage ganz normal in Dialekt stellen – der Algorithmus findet dann die passende Antwort.

Die Vorgeschichte: Vor dreieinhalb Jahren hat der Sicherheitsvorsteher Mario Fehr (sp.) das Amt beauftragt, die Kundennähe zu verbessern. Dessen Dienstleistungen sollten einfacher zugänglich sein – auch für Menschen, die Mühe mit dem Lesen und Schreiben haben. Rund 15 Prozent der Bevölkerung sind sogenannte Illettristen; sie können selbst einfache Texte nicht verstehen.

Zum einen hat das Amt einen neuen Leitfaden für einfache Sprache verfasst, an den sich alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt halten. Zum anderen kam die Idee eines Sprachroboters oder Voice-Bots für Telefongespräche auf. «Für viele ist es einfacher, ein Anliegen mündlich zu formulieren statt schriftlich», sagt Peter Kyburz, der Geschäftsführer des Strassenverkehrsamts. Er sei immer wieder erstaunt, wie häufig das Telefon im Albisgütli klingele. 600 000 Mal kam dies im letzten Jahr vor. Selbst für einfachste Anfragen wie etwa die Öffnungszeiten des Amts werde angerufen.

Der Geschäftsführer sieht mit dem Bot viele Vorteile: Das Amt sei nun auch ausserhalb der Büroöffnungszeiten telefonisch erreichbar – «rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag». Und die Kunden müssten zu Stosszeiten nicht länger in der Warteschleife bleiben. «Sie können wählen, ob sie statt mit einem Mitarbeiter mit dem Sprachroboter sprechen wollen, und von ihm sofort eine Antwort erhalten.»

Nur 1 Prozent ist unzufrieden

Der Bot ist vorläufig nur für einen Testlauf über zehn Wochen im Einsatz. «Wir möchten möglichst viele Erkenntnisse sammeln», sagt Kyburz. Als Betätigungsfeld für den Roboter wurde ein Bereich auserkoren, der im Albisgütli jeweils für besonders viele Anrufe mit den immergleichen Fragen sorgt. Im Oktober und November verschickt das Amt knapp 900 000 Rechnungen für die jährliche Verkehrsabgabe. Alle Fahrzeughalter im Kanton werden also etwa gleichzeitig damit konfrontiert. Entsprechend heiss glühen die Leitungen im Strassenverkehrsamt.

«Es ist eine absolute Spitzenzeit», sagt Philippe Lüthi. Er leitet das Debitoren-Geschäft. «Zeitweise haben wir Schwierigkeiten, die vielen Anrufe zu bewältigen.» 16 Personen arbeiten in seinem Team. Acht Hauptanliegen, die immer wiederkehren, hat das Amt herausgefiltert. Zum Beispiel: Was sind eigentlich Verkehrsabgaben? Kann ich meine Rechnung in Raten zahlen? Muss ich meine Rechnung auch bezahlen, wenn ich mein Fahrzeug wechsle? Und so weiter.

«Wir brauchen sehr viel Zeit, um meist dieselben Fragen zu beantworten», sagt Lüthi. Vom Voice-Bot erhofft er sich auch eine Entlastung, damit sich seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umso mehr um die komplexeren Fälle kümmern können.

Bis jetzt hätten die Kunden mehrheitlich positiv auf den Roboter am Apparat reagiert, zumindest diejenigen, die mit ihm sprechen wollten. Rund ein Drittel entschied sich während der Öffnungszeiten für diese Möglichkeit. Nur knapp 1 Prozent der Anruferinnen und Anrufer war am Ende des Gesprächs unzufrieden mit der Beratung.

Auf 72 Prozent der Fragen konnte der Voice-Bot eine korrekte Antwort liefern oder an einen Mitarbeiter verweisen, wenn er überfordert war. Weitere 19 Prozent hätte er eigentlich richtig beantwortet, zog sich aber sicherheitshalber zurück. «Es ist wichtig, dass wir keine falsche Auskunft geben», sagt der Amtschef Kyburz. «Unsere Kommunikation ist rechtsverbindlich.» Nur 9 Prozent der Antworten im Testlauf waren falsch.

Bei einigen Anrufern gebe es einen Widerstand gegen die Roboterauskunft, sagt Philippe Lüthi. Manche glaubten, dass ihr Anliegen zu komplex für einen Algorithmus sei. Manche bevorzugten aber auch einfach einen Menschen aus Fleisch und Blut am anderen Ende der Leitung. «Das ist verständlich, vor allem wenn es um heikle, persönliche Anliegen geht», sagt Lüthi. Zum Beispiel wenn jemand seine Rechnung nicht bezahlen könne.

Auch interessant für andere Behörden

Faszinierend ist die Technik hinter dem Voice-Bot. Sie kommt von zwei Zürcher Firmen, Adnovum und Spitch. Thomas Zweifel von Adnovum hat das Pilotprojekt von Beginn an begleitet. Für ihn ist klar, dass die digitale Spracherkennung in den letzten Jahren einen grossen Sprung nach vorne gemacht hat. «Die Technologie ist markant besser geworden, für Benutzer wurde sie vor allem durch Produkte wie Siri von Apple oder Alexa von Amazon bekannt.» Mittlerweile sei es möglich, mit Voice-Bots eine einfache Unterhaltung zu führen.

Für das Strassenverkehrsamt hat Adnovum ihren Bot mit verschiedenen Schweizer Dialekten und Fachausdrücken gefüttert. Begriffe wie «Albisgüetli» oder «Wächselschild» musste er zuerst lernen. Mittlerweile verstehe der Roboter gebrochenes Deutsch und sogar Walliser Dialekt. «Es geht immer darum, die Absicht des Anrufers zu erkennen», sagt Zweifel. Dies gelinge immer besser. Der Bot achtet dabei auf einzelne Wörter, aber auch auf bestimmte Kombinationen und Satzstrukturen. Wichtig sei gerade für eine öffentliche Behörde die Datensicherheit. Alle Gespräche mit dem Strassenverkehrsamt laufen über einen Schweizer Server; die Datenhoheit bleibt beim Amt.

Thomas Zweifel ist sicher, dass die Spracherkennung in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird. «Wir sprechen zwei- bis dreimal schneller, als wir tippen», sagt er. Dank der Flat-Rate-Telefonie griffen mehr Personen zum Hörer.

Diese Entwicklung beobachtet nicht nur das Strassenverkehrsamt aufmerksam. Auch andere Behörden hätten bereits Interesse am Bot bekundet, sagt der Amtschef Peter Kyburz. Gut einsetzbar sei er an Stellen mit hoher Publikumsfrequenz, zum Beispiel beim Passbüro, beim Handelsregister- oder Steueramt. Bis jetzt «arbeitet» der Voice-Bot in Zürich aber exklusiv für das Strassenverkehrsamt. In der Verwaltung des Kantons Aargau gibt es einen ähnlichen Versuch.

Das Pilotprojekt in Zürich kostet 150 000 Franken. Falls der Voice-Bot sich bewährt, wird die Dienstleistung offiziell ausgeschrieben und eventuell auch auf andere Bereiche ausgedehnt. Das Amt hat insgesamt 60 bis 80 Fragen ausgemacht, die immer wieder gestellt werden, zum Beispiel auch zur Fahrzeugprüfung.

Ein Stellenabbau sei mit der Digitalisierungsoffensive jedoch nicht verknüpft, betont Kyburz. Es gehe bloss darum, den Service für die Kunden zu verbessern und den heutigen Mitarbeitern mehr Zeit für die Beratung bei komplexen Anfragen zu verschaffen. Neben dem Sprachroboter experimentiert das Amt auch mit Chat-Bots und Automatisierungen gewisser Abläufe per Mail. «Es gibt noch viel Potenzial», sagt Kyburz.

Was nun noch fehlt, ist ein griffiger Name für den Telefonroboter. Soll es «Mario» oder doch lieber «Jacqueline» sein? Die Taufe hat laut Angaben des Amts keine Priorität. Bis auf weiteres bleibt es damit beim anonymen «Voice-Bot».

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